Informationen und Ergebnisse aus den Praxisprojekten

Die Ergebnisse der Forschungsprojekte „Energie aus Wildpflanzen – Integrativer Naturschutz durch Wildpflanzenkulturen in Biogasfruchtfolgen und Umsetzung auf Praxisflächen in Niedersachsen mit Wildbiologischen Begleituntersuchungen (2013-2016) und „Monitoring zur Nährstofffixierung durch mehrjährige Wildpflanzen auf Praxisflächen in Niedersachsen“ (2017-2019) konnten die positiven Auswirkungen des mehrjährigen Wildpflanzenanbaus eindeutig belegen.

Energie aus Wildpflanzen – Integrativer Naturschutz

Integrativer Naturschutz durch Wildpflanzenkulturen in Biogasfruchtfolgen und Umsetzung auf Praxisflächen in Niedersachsen mit Wildbiologischen Begleituntersuchungen

Aufnahmen der Wildtierkamera von Fasanen, Rebhuhn mit Gesperre, Feldhase und Rehen © TiHo

Hintergrund/ Problemstellung:

Das Agrarland Niedersachsen zeichnet sich wie kaum ein anderes Bundesland durch seine vielfältigen Lebensräume mit unterschiedlichsten Tier- und Pflanzenarten aus. Veränderungen in der Flächennutzung wie größere Schläge, eingeengte Fruchtfolgen bis hin zu Monokulturen, intensive Grünlandnutzung und frühe Mahd beeinflussen zunehmend Landschaftsbild und Artenvielfalt. Immer mehr Bedeutung bekommt dabei auch der Anbau von Biomasse zur Energiegewinnung in Biogasanlagen. Dieser bewirkt neben der allgemein zu beobachtenden Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung einen umfassenden und in dieser Geschwindigkeit bisher kaum gekannten Wandel in der Landschaft. Dies hat zu einem drastischen Rückgang der Artenvielfalt geführt.

Insbesondere sind klassische Feldbewohner wie Rebhuhn, Feldlerchen, Kiebitz und Fasan betroffen. Im Rahmen einer nachhaltigen Landnutzung gilt es, Rückzugs- und Lebensbereiche für Niederwild und Brutvögel zu schaffen, sowie ein reichhaltiges Nahrungsangebot für Blüten besuchende Insekten, wie Honig- und Wildbienen, Hummeln, Schwebfliegen, Schmetterlinge und Käfer zu gewährleisten, die eine wichtige Funktion im Ökosystem haben.

Ziel ist es, so eine ökologisch wertvolle und gleichzeitig ökonomisch tragbare Ergänzung zum Anbau von derzeit konventionellen Energiepflanzen zu etablieren und durch mehrjährige Wildpflanzenbestände wieder arten- und strukturreiche Lebensräume für verschiedene Wildtiere wie Insekten, Fledermäuse, Vögel, Feldhase und Reh auch als Biotopverbund zu schaffen.

Ergebnisse

In fünf über Niedersachsen verteilten Untersuchungsgebieten wurden mittels Thermographie-Zählfahrten Habitatnutzungsanalysen und Populationsdichten berechnet sowie mittels Fotofallen-Monitoring Nutzungsintensitäten und faktorielle Einflüsse analysiert.

Die Wildpflanzenbestände der verwendeten Mischung BG70 (Saaten Zeller) wurden gut als Nektarquelle von Bienen angenommen. Feldhase und Rehwild erreichten in allen Untersuchungsgebieten mittlere bis mittelhohe Populationsdichten, die Fuchsdichten sind eher gering.

Auf Wildpflanzen wurden insgesamt höhere Abundanzen, Artenzahlen (z.T. jedoch mit einigen wenigen stark dominierenden Arten) und Biodiversitätsindices im Vergleich zu Wintergetreidebeständen nachgewiesen. Alle Ergebnisse waren im Sommer stärker ausgeprägt als im Winter. Im Sommer sind durch Jungtiere deutlich mehr Individuen und durch Zugvögel und sommeraktive Säugetiere zudem mehr Tierarten bzw. Aktivitäten vorhanden. Insbesondere Singvögel nutzen die Wildpflanzenbestände besonders stark, was sich auch durch die stärke Nutzung der Wildpflanzen am Tage ausdrückt. Einige Arten weichen in einzelnen Untersuchungsgebieten vom Grundmuster ab.

Die Ergebnisse können bestätigen, dass die Wildpflanzenbestände durch eine Vielzahl von Säugern und Vögeln als Deckungs- und Nahrungshabitat bevorzugt angenommen wurden. Weitere Vorzüge können über die Bewertung der Fruchtfolgeleistung, durch die Minderung von CO2 und den Humusaufbau, festgestellt werden.

Weitere Informationen: Ergebnisbroschüre und Abschlussbericht [pdf; 6,9 MB]

Monitoring zur Nährstofffixierung durch mehrjährige Wildpflanzen auf Praxisflächen in Niedersachsen

Hintergrund/ Problemstellung:

Ein Aspekt der Handlungsbedarf aufzeigt ist die Anzahl der Gebiete mit hoher Nitratbelastung des Grundwassers. Eine veränderte Bewirtschaftung und eine deutliche Reduzierung der Nährstoffeinträge ist anzustreben. Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität und zur Reduzierung der Nährstoffausträge sind daher von besonderer Bedeutung.

Nitratbelastung des Grundwassers
Nitratbelastung des Grundwassers© Umweltbundesamt

Ergebnisse

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass der Anbau von Wildpflanzen unter dem derzeit praktizierten Düngeregime zu einer Vermeidung von Nährstoffausträgen in das Grundwasser führte.

Im Vergleich von Altbeständen zu Neuansaaten wurde eine deutliche Verbesserung der Sickerwasserqualität unter den Altbeständen erreicht. Auch die Standorte mit den neu angelegten Wildpflanzenflächen zeigten eine Abnahme der Nitratkonzentrationen in den jüngeren Bodenwasserschichten im Versuchsverlauf.

Die folgende Abbildung zeigt die durchschnittlichen Nmin- Ergebnisse in kg/ ha auf den Wildpflanzenflächen im Bodenbereich 0- 90 cm über den Verlauf der Versuchsjahre 2017 bis 2019. Auf den neu angelegten Flächen (Bruchhausen-Vilsen 1 & 2, Syke 1-3, Wiefelstede), zeigten sich zu Projektbeginn noch höhere Boden-Stickstoffgehalte und damit Nmin- Werte, die aus der Vorfrucht verfügbar wurden. Diese werden für die Etablierung der Bestände auch benötigt, wie aus den rückläufigen N-Bodenwerten bis zum Vegetationsende (November 2017) sichtbar ist.

Nmin- Werte der Versuchsflächen im Vergleich
Nmin- Werte der Versuchsflächen im Vergleich

Im weiteren Verlauf der Bestandsentwicklung nehmen die Nmin-Gehalte im Boden sehr schnell und deutlich ab. Dieses steht in direktem Bezug zur Entwicklung der ober- und unterirdischen Biomasse.

Aus diesen Messdaten kann geschlossen werden, dass gut etablierte Wildpflanzenbestände bei einer moderaten Stickstoffdüngung (160 kg N/ ha Nges) eine hohe Nährstoffausnutzung haben und zu Vegetationsende sehr geringe Nmin-Gehalte (unter 20 kg N/ ha) aufweisen. Damit lässt sich festhalten, dass unter Flächen, die mit mehrjährigen Wildpflanzen bestellt waren, keine Nitratverlagerung in tiefere Bodenschichten beobachtet wurden.

Die Wildpflanzenflächen erreichten im zweiten bis vierten Bestandsjahr ihre höchste Ertragsfähigkeit (siehe Wirtschaftlichkeit). Der feuchte Sommer 2017 sowie die extreme Sommertrockenheit in den Jahren 2018 und 2019 haben gezeigt, dass die artenreichen Wildpflanzenmischungen über ein hohes Kompensationsvermögen verfügen und im Vergleich zu Mais mit den Wetterextremen besser zurechtkommen. Nach den extrem trockenen Sommermonaten im Jahr 2019 wurden jedoch auch bei den Wildpflanzenbeständen auf den sandigen, leichten Standorten im Emsland Ertragseinbußen deutlich.

Zusammengefasst zeigten die Versuche, dass der Anbau von mehrjährigen Wildpflanzen bei dem praktizierten Düngeregime zu einer Vermeidung von Nitratausträgen in das Grundwasser führt.

Der mehrjährige Wildpflanzenanbau eröffnet ein innovatives Gesamtkonzept nachhaltiger Energieerzeugung aus Biomasse. Als gezielte Maßnahme zum Boden- und Grundwasserschutz ermöglicht der Wildpflanzenanbau eine sinnvolle Verknüpfung von ökologischen und ökonomischen Effekten.

Abschlussbericht [pdf; 6,3 MB]

Vielfalt der mehrjährigen Wildpflanzen © Johann Högemann